Die digitale Kluf überbrücken: das kulturelle und wissenschaftliche Erbe der Welt allen zugänglich machen

Die digitale Kluft ist eine Informationskluft

Die Überbrückung der digitalen Kluft ist ein Schlüsselfaktor bei der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Der Zugang zu Informationsressourcen und Kommunikationsmitteln fördert die Gesundheit und die Bildung ebenso wie die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung.

Die Verbreitung von Informationen ermöglicht es den Bürgern, lebenslang zu lernen und sich ständig weiterzubilden. Informationen über die weltweiten Fortschritte geben jedem die Möglichkeit, konstruktiv an der Entwicklung des eigenen sozialen Umfelds teilzunehmen.

Jeder hat das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe der Menschheit. Dieser Zugang fördert das Lernen und das Verständnis für den Reichtum und die Vielfalt der Welt und ist sowohl für die heutige als auch für kommende Generationen von Bedeutung.

Bibliotheken sind längst wesentliche Akteure hinichtlich der Förderung von Frieden und menschlicher Werte. Bibliotheken arbeiten heute digital, und mit ihren digitalen Diensten eröffnen sie neue Wege zur Erschließung des Universums von Wissen und Informationen und verbinden so Kulturen über geographische und soziale Grenzen hinweg.

Digitale Bibliotheken

Eine digitale Bibliothek ist eine Online-Sammlung von digitalen Objekten mit gesicherter Qualität, die nach international anerkannten Grundsätzen der Bestandsentwicklung zusammengestellt oder gesammelt und verwaltet und zugänglich gemacht werden, und zwar auf eine kohärente und nachhaltige Art und Weise und unterstützt durch die notwendigen Dienstleistungen, die es den Benutzer ermöglichen, Ressourcen abzurufen und zu nutzen.

Als integraler Bestandteil der Dienstleistungsangebote einer Bibliothek arbeitet die digitale Bibliothek mit neuen Technologien, die den Zugang zu digitalen Beständen ermöglichen. Im Rahmen einer digitalen Bibliothek werden Bestände geschaffen, verwaltet und schnell und kostengünstig für eine klar festgelegte Gemeinschaft zugänglich gemacht.

Ein Verbund digitaler Bibliothek ermöglicht es Öffentlichen Bibliotheken und Forschungsbibliotheken, digitalen Informationsnetzwerke zu schaffen und so die Bedürfnisse der Informationsgesellschaft zu erfüllen. Die Systeme aller Partner eines Verbunds digitaler Bibliothek müssen untereinander kompatibel sein.

Eine digitale Bibliothek ergänzt digitale Archive und Initiativen für die Erhaltung von Informationsressourcen.

Aufgaben und Ziele

Zu den Aufgaben der digitalen Bibliothek gehörte es, auf strukturierte und verlässliche Art und Weise direkten Zugriff auf digitale und nichtdigitale Informationsressourcen bereitzustellen, und so Informationstechnologie, Bildung und Kultur im Rahmen zeitgenössischer Bibliotheksangebote zu verbinden. Um diese Aufgabe zu erfüllen, werden folgende Ziele angestrebt:

  • Unterstützung der Digitalisierung, des Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbes und seiner Erhaltung.
  • Angebot des Zugangs zu Informationsressourcen in Bibliotheksbeständen für alle Benutzerund Achtung der Rechte des geistigen Eigentums.
  • Schaffung von interoperablen digitalen Bibliothekssystemen zur Förderung des Open-Standard- und Open-Access-Gedankens.
  • Unterstützung der zentralen Rolle der Bibliotheken und Informationsdienste im Zusammenhang mit der Förderung von gemeinsamen Standards und Best-Practice-Ideen.
  • Schaffung eines Bewusstseins für die dringende Notwendigkeit, die dauerhafte Verfügbarkeit von digitalem Material zu gewährleisten.
  • Die Verknüpfung digitaler Bibliotheken zu Hochgeschwindigkeitsforschungs- und Entwicklungsnetzwerken.
  • Nutzung der Vorteile der zunehmenden Konvergenz der Kommunikationsmedien und institutionellen Funktionen hinsichtlich der Erstellung und Verbreitung digitaler Inhalte.

Content-Erstellung, Zugang und Erhalt

Für den Aufbau einer digitalen Bibliothek sind digitalisierte oder digital erzeugte Inhaltsquellen erforderlich.

In vielen Ländern gibt es bereits nationale Digitalisierungsprogramme, und es werden, wie während des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft* vereinbart, noch viele hinzukommen. IFLA unterstützt und fördert intensiv nationalen und internationalen Digitalisierungsstrategien sowie einzelne Bibliotheks- und Partnerschaftsinitiativen. Die Digitalisierung ermöglicht die Schaffung virtueller Bestände und verbindet auf diese Weise Materialien über alle Kontinente hinweg miteinander. Digitalisierung spielt auch eine Rolle bei der Erhaltung von durch Verfall bedrohten Originaldokumenten und -medien.

Die Produkte der Digitalisierung selbst müssen ebenso erhalten werden wie in digitaler Form erstelltes Material. Alle Initiativen einer digitalen Bibliothek Initiativen müssen Vorkehrungen hinsichtlich der digitalen Erhaltung durch eine geeignete Einrichtung treffen.

Die digitale Bibliothek stellt ein Umfeld bereit, das Bestände, Dienstleistungen und Menschen zusammenbringt und den gesamten Lebenszyklus der Schaffung, Verbreitung, Nutzung und Sicherung von Daten, Informationen und Wissen unterstützt.

Interoperabilität und Nachhaltigkeit sind wesentliche Elemente der Erfüllung der Vision digitaler Bibliotheken und ermöglichen deren Kommunikation untereinander. Digitale Bibliotheken, die gemeinsam vereinbarte offene Standards und Protokolle einhalten, fördern die weltweite Wissensverbreitung und den Zugang.

Umsetzung des Manifests

IFLA ermutigt Regierungen, zwischenstaatliche Organisationen und Sponsoren, die strategische Bedeutung der digitalen Bibliotheken zu erkennen und ihre Entwicklung aktiv zu unterstützen. Die Mitarbeit an großen Digitalisierungsprogrammen dient dazu, kulturelle und wissenschaftliche Informationsressourcen noch weiter zu verbreiten und nationale und internationale Initiativen digitaler Bibliothek zu fördern, die sich langfristig als nachhaltig erweisen werden.

Spezifische Rechtsvorschriften und finanzielle Unterstützung von nationalen und lokalen Regierungen sind Voraussetzung dafür, die digitale Kluft zu überbrücken und nachhaltigen Zugang zu gewährleisten. Jede langfristige Strategie muss darauf gerichtet sein, die digitale Kluft zu überbrücken und die Entwicklung von Bildung, Alphabetisierung, und Kultur zu stärken, und vor allen Dingen den Zugang zu Informationen zu ermöglichen.

Die Überbrückung der digitalen Kluft bedeutet auch, dass Handlungsbedarf auf Seiten der zuständigen Behörden besteht, Informationskompetenz in die Lehrpläne zu integrieren, und das Bewusstsein dafür zu stärken, dass viele wertvolle Informationen der Vergangenheit nicht in digitaler Form existieren.

Die IFLA fordert Bibliotheken auf, mit anderen Einrichtungen des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes zusammenzuarbeiten, um reichhaltige und vielfältige digitale Ressourcen bereitzustellen, die die Bildung und Forschung, den Tourismus und die Kreativwirtschaft unterstützen.

Die Rücksprache mit Rechteinhabern und anderen Beteiligten ist dabei unerlässlich. Entwickler und Umsetzer von digitalen Bibliotheken sollten intensiv mit den indigenen Gemeinschaften zusammenarbeiten, deren materielles und immaterielles Kulturerbe digitalisiert werden soll, um sicherzustellen, dass ihre Rechte und Wünsche respektiert werden. Die Einrichtung einer digitalen Bibliothek muss darüber hinaus den gleichberechtigten Zugang zu Inhalten unterstützen, und dabei vor allem die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen.

Die Behörden sollten sich bewusst sein, dass zur aktiven Planung für digitale Bibliotheken auf allen Ebenen (national, regional und lokal) Folgendes Voraussetzungen erfüllt werden sollten:

  • Geschultes Personal
  • Angemessene Gebäude und Einrichtungen
  • Integrierte Planung für Bibliotheken und Archive
  • Finanzierung
  • Zielsetzung

Dank nationaler E-Strategien, wie von der Weltgipfel über die Informationsgesellschaft empfohlenen **, konnte eine solide Grundlage für die Planung von digitalen Bibliotheken geschaffen werden.

Dieses Manifest wurde von der IFLA-Vorstands verabschiedet.
Dezember 2010


* Weltgipfel zur Informationsgesellschaft, 2. Phase, Tunis 2005: “Agenda für die Informationsgesellschaft” Absatz 93.

** Siehe: Weltgipfel zur Informationsgesellschaft, Genf 2003: Aktionsplan, Aktionslinie C1, Absatz 8; Tunis 2005 “Agenda für die Informationsgesellschaft” Absatz 90.

Andere Versionen

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Übersetzungen