17 August 2014

Die Eröffnungsrede der IFLA-Präsidentin Sinikka Sipilä

English | 简体中文 | français | Русский | Español | العربية

Sinikka SipiläVerehrte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!

Bonjour!

Es ist mir eine große Freude, Sie in Lyon und auf der 80. IFLA Generalkonferenz und -versammlung begrüßen zu dürfen. Ich möchte Ihnen allen für die Teilnahme an diesem großartigen Ereignis in Lyon in Frankreich danken.

Es gibt in diesem Land eine lange Tradition der IFLA. Die franösische Bibliotheksgemeinschaft ist auf viele Art und Weise ein wichtiger Unterstützer der IFLA gewesen.  Unsere franösischen KollegInnen waren mit unter den Gründern unserer Organisation, die im Jahr 1927 in Edinburgh zusammenkamen. Christine Deschamps war von 1997 bis 2003 IFLA-Präsidentin und damit erst die zweite weibliche Präsidentin in der 70-jährigen Geschichte der IFLA.  Dieser Kongress ist der sechste IFLA-Kongress, der in Frankreich ausgerichtet wird. Die vorherigen fanden statt in Avignon im Jahr 1933, in Paris 1937 und 1957, in Grenoble 1973 und noch einmal in Paris im Jahr 1980. Die Nationalbibliothek Frankreichs (BnF) war für viele Jahre Sitz des IFLA Programms für Bestandserhaltung. Unsere französischen KollegInnen haben aktiv an IFLA Kommitees und Kongressen mitgearbeitet und sich leidenschaftlich, zusammen mit der internationalen französischsprachigen Bibliotheksgemeinschaft, für Vielsprachigkeit innerhalb der IFLA eingesetzt.

Lyon ist eine Stadt der Innovation, wie unsere Gastgeber in ihrem Willkommensgruß zu diesem Kongress ausgeführt haben. Lyon hat eine intelligente Strategie als Stadt des Wissens erarbeitet und ist damit der ideale Gastgeber für einen Kongress über Wissen. Lyon investiert in Kultur. Dass ein erheblicher Teil des Kulturbudgets der Stadt an Bibliotheken geht, ist ein wichtiges und inspirierendes Beispiel für andere Städte. Dies sieht man an der hohen Nutzung von Bibliotheken im nationalen Vergleich. 

In Lyon gibt es, wie in vielen großen französischen Bibliotheken, einen direkten Bezug zur Französischen Revolution von 1789. Der Großteil dieser Bibliotheken wurde nämlich gegründet, nachdem kirchliche Sammlungen und private Sammlungen von Emigranten konfisziert und an das Volk zurückgegeben wurden, indem öffentliche Bibliotheken mit staatlichen Sammlungen (bibliothèques classées) geschaffen wurden. Bei meinen Besuchen in Lyon und Paris im April konnte ich einige Schätze dieser einzigartigen Sammlungen kennenlernen.

Die französische Erklärung zu Menschen- und Bürgerrechten, die während der Revolution verabschiedet wurde, hat ihrerseits den Inhalt der Erklärung der Vereinten Nationen zu Menschenrechten beeinflusst. Artikel 19 dieser Erklärung zur Freiheit der Meinungsäußerung ist einer der Kernwerte der IFLA und des Bibliothekswesens. Heutzutage ist das strategische Programm FAIFE der IFLA zum freien Zugang zu Information und zur freien Meinungsäußerung eine Initiative, die die in Artikel 19 formulierten grundlegenden Menschenrechte verteidigt und fördert.

Ich möchte das Nationalkommitee für die Wahl des Kongressthemas loben: "Bibliotheken, BürgerInnen, Gesellschaft: ein Zusammenfluss von Wissen ". Ich bin sehr froh und stolz, dass das Thema mein Präsidentschaftsthema ergänzt und auf dessen Kernidee aufbaut: Bibliotheken ermächtigen BürgerInnen und Gesellschaften. 

Denn daran glaube ich und deshalb habe ich als Präsidentschaftsthema gewählt "Starke Bibliotheken, starke Gesellschaften".  Ich glaube fest daran, dass Bibliotheken Auswirkungen auf Gesellschaft und Entwicklung haben, indem sie Chancengleichheit fördern sowie gleichberechtigten Zugang zu lebenslangem Lernen und Bildung, Forschung und Innovation, Kultur und Unterhaltung für alle. Auf diese Weise können Bibliotheken dazu beitragen Gesellschaft und Gemeinschaft zu stärken.  Starke Bibliotheken sind diejenigen, die angemessene Ressourcen bieten, die zu den Informationsbedürfnissen ihrer NutzerInnen passen.  Ich bin der Überzeugung, dass starke Gesellschaften sich aus informierten BürgerInnen bilden, die aktiv am Leben ihrer Gemeinschaft und Gesellschaft teilnehmen.

Mein Thema wurde während meines ersten Präsidentschaftstreffens im Mai dieses Jahres in Helsinki, Finnland breit diskutiert.  Wir werden diese Diskussionen bei meinem zweiten Präsidentschaftstreffen fortsetzen. Es wird vom 3. bis 5. Juni 2015 in Istanbul, Türkei stattfinden.

Über neue Designs von Bibliotheken und innovative Bibliotheksdienstleistungen hinweg ist es immer mehr klar geworden, wie leicht zugängliche und offene öffnetliche Räume den allgemeinen Wohlstand, die Kreativität und die Leistungsfähigkeit von BürgerInnen einer Stadt oder eines anderen Gebietes fördern können. Eine Bibliothek bietet eine Umgebung, in der neuen Aktivitäten und Kultur geschaffen werden können. Es ist eine Umgebung, die diverse Stimuli nutzen kann, ein Ort, an dem Menschen Freunde treffen und neue Bekanntschaften machen können und an dem neue Ideen durch den Zusammenfluss von geteiltem Wissen entstehen können. Eine starke Bibliothek hat positive Effekte für die Entwicklung einer Gemeinschaft, für Bildung, echte Demokratie, effiziente Regierung, wirtschaftliche Entwicklung und individuelle Gesundheit und Wohlergehen. Inspirierende Bibliotheken und Lernorte werden über das gesamte Spektrum des Bibliothekswesens hinweg geschaffen.  Als ein Ort, der Menschen aus allen Bereichen des Lebens einlädt, an einer Atmosphäre der Inspiration und Kooperation teilzuhaben, sind Bibliotheken wahrhaftig ein Zusammenfluss meines Präsidentschaftsthemas und des Kongressthemas.

Die IFLA, die gemeinsame Stimme des Bibliotheks- und Informationssektors, fokussiert ihre Aktivitäten darauf, für alle Mitglieder einer Gemeinschaft Möglichkeiten zu schaffen, umfassend an der Informations- und Wissensgesellschaft teilzuhaben.

Ich finde das Kongressthema auch sehr passend für den Anlass, bei dem wir die Lyon-Declaration zu Zugang zu Informationen und Entwicklung bekanntgeben werden, als einen der Höhepunkte morgen früh um 09:30 Uhr. Die Erklärung ist eine gemeinsame Initiative der IFLA und ein Dokument der Interessenvertretung, das wir einsetzen werden, um positiven Einfluss auf die Post-2015 Agenda der Vereinten Nationen zu nehmen.  Die Erklärung stellt klar, dass Zugang zu Informationen Entwicklung fördert, indem Menschen ermächtigt werden, von ihren bürgerlichen, politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechten Gebrauch zu machen, neue Fähigkeiten zu erlernen und anzuwenden, Entscheidungen zu treffen und an einer aktiven und engagierten Zivilgesellschaft teilzuhaben.

Ich möchte dem Nationalkommitee und dem gesamten französischen Bibliothekswesen gratulieren und für die Ausrichtung dieses großartigen Kongresses danken. Wir alle wissen, wieviel Arbeit es bedeutet, einen Kongress wie diesen zu organisieren. Man muss dafür mindestens zwei Jahre im Voraus planen und benötigt ein Jahr intensiver Vorbereitungen, bis alles organisiert und fertig ist, um Sie, die TeilnehmerInnen, willkommen zu heißen.

Und hier sind wir nun! Ich habe das Vergnügen, Sie all herzlich zum 80. IFLA-Kongress in Lyon willkommen zu heißen, in der Stadt des Zusammenflusses von Wissen und Innovation.  Wir alle freuen uns auf das interessante Programm des Kongresses, darauf, an verschiedenen Foren und Diskussionen teilzunehmen und über Themen, die uns alle betreffen, oder über Innovationen zu lernen, neue Bekanntschaften zu machen und alte Freundschaften zu pflegen. Lyon ist ein idealer Ort für diese soziale Interaktion.  Die Stadt ist bekannt für ihre Gastronomie. Indem wir also Lyons Gastfreundschaft und gutes Essen genießen, werden wir auch andere wichtige Aspekte der Lebensart unserer französischen KollegInnen kennenlernen, zusammen mit interessanten Touren und Bibliotheksbesuchen in der Stadt, der Region und anderen Teilen Frankreichs. 

Mit großer Freude erkläre ich die 80. IFLA Generalkonferenz und -versammlung für eröffnet!

Sinikka Sipilä
IFLA-Präsidentin

Last update: 17 August 2014